Schwenker Gespanne

Die Zeit der Schwenker-Gespanne, etwa Ende der fünfziger bis Anfang der siebziger Jahre, kann getrost als die” Hochzeit” des Gespann-Bahnsports bezeichnet werden. Es war die Zeit des Wirtschaftswunders mit vielen aufstrebenden Motorradmarken und jeder Menge Gras,- und Sandbahnen. Sponsoren waren überwiegend die Ortsansässigen Geschäftsleute, die sich keine bessere Werbung  vorstellen konnten, denn nicht selten säumten bis zu 30 000 Zuschauer die Rennstrecken.

  Schwenkergespann mit JAWA-Motor von Franz Lindemann aus Porta- Westfalica

Sie trugen mit ihren Eintrittsgeldern nicht unerheblich zu der rasanten Technischen Entwicklung bei. Auch die Motorenpalette war von einer Vielfalt geprägt, wie man sie heute wieder gern hätte. BMW, NSU, YAMAHA, HONDA, ADLER, BSA, TRIUMPH, ESO, JAP, ja sogar ein Dreizylinder DKW-Motor, alles wurde verbaut und solange geändert bis sich der gewünschte Erfolg einstellte. So kam es, das zwischen den Gespannen mit starrem Beiwagen und überwiegend BMW-Boxermotoren, immer mehr Gespanne mit schwenkbaren Seitenwagen zu sehen waren bis diese schlieslich die Oberhand gewannen.
Diese Gespannbauart war keine Deutsche Erfindung, sondern kam aus Italien, wo man im Strassenrennsport einige Zeit mit Gespannen experimentierte, die sich nach beiden Seiten umlegen ließen. Doch recht bald wurden diese verboten, da es nicht einfach ist ein solches Gespann sicher durch die Kurven zu bewegen und es zu einigen Unfällen kam. Verlangt  die Kurvenfahrt doch ein genaues Zusammenspiel zwischen Fahrer und Beifahrer, was schon einiges an Erfahrung voraussetzt.
Im Bahnsport ist die Sache schon ein wenig einfacher, da nur Linksherum gefahren wird. Beim Bahn- Schwenker-Gespann wurde die obere Stütze des Seitenwagens durch ein Zahnstangen-Lenkgetriebe ersetzt, welches mit einem Lenkrad oder einer Kurbel versehen war. Mit der Kurbel konnte der Beifahrer, in den Kurven, die Neigung des Motorrades verstellen und ermöglichte so eine schräglage des Motorrades ohne das das Beiwagenrad den Kontakt zur Fahrbahn verlor. Der Neigungswinkel lag dabei so zwischen 35° und 45° nach links. Die Gespannteams jener Zeit lieferten sich, sehr zur Freude der Zuschauer, spannende und verbissene Rennen, die natürlich nicht immer ohne Unfälle ausgingen. So kam es 1964 auf der Grasbahn in Diedenbergen zu einem tödlichen Unfall, als ein Gespann mit der Fußraste einen Strohballen der Bahnbegrenzung auf die Bahn schleuderte und das nachfolgende Gespann dadurch wie ein Katapult abhob und in die Zuschauer raste. Zwei Kinder wurden getötet und 9 weitere Besucher verletzt. Nach einem weiterem tödlichen Unfall 1973 in Altrip, bei dem der bekannte Schwenkerpilot Jürgen Stein ums Leben kam, wurden Schwenkergespanne verboten


  BMW-Schwenker-Gespann welches von Mike Krauser konstruiert und gefahren wurde


  ESO-Schwenker

  ESO-Gespann von Georg Mössmer


Schwenkergespann mit  Jap-Motor von Mike Krauser. Dieses Gespann besitzt einen sehr kurzen Radstand und wurde speziell für Sandbahnen gebaut.


 Ein weiterer ESO-Schwenker

BMW Schwenker vor Heckflossen-Mercedes


Dieses Gespann wurde vom Mannheimer Heiner Vilimek gebaut, der davon etwa 20 Stück herstellte.Diese wurden hauptsächlich von der soge- nannten Mannheimer Clique um Rolf Kolb, Roland  “Rolle” Magin, Karl Feindl usw. eingesetzt.

Vilimek-Schwenker mit JAWA-Motor. Im Hintergrund ein Vilimek- Gespann von Georg Mössmer (22).


Vilimek-Schwenker-Gespann von Horst Heilig aus Kaiserslauten, welches mit Jawa-Motor und einem Viergang- Norton-Getriebe  bestückt ist. Außerdem besitzt es eine zusätzliche Hinterrad- federung und ist mit einer auf das Hinterrad wirkenden Fußbremse versehen.


Eher selten war der Britische Triumph-Motor  im Schwenker anzutreffen. Hier handelt sich  um einen Zweizylinder.

Mehr über dieses Gespann erfahren sie unter :
TRIUMPH-Schwenker


Österreichisches Schwenkergespann von 1946. Der Rudge- Rahmen wurde hier mit einer BMW-Teleskopgabel und einem JAP-Motor versehen. Die ganze Konstruktion erhielt danach den Namen  ” Mach- Spezial V3”


DKW Schwenker Gespann

DKW-Schwenker-Gespann, welches von Rolf Erdmann 1968 für Jürgen Stein konstruiert wurde. Der Dreizylinder Zweitaktmotor mit Wasserkühlung und 750 ccm stammte aus dem DKW- Junior.


Der später tötlich verunglückte Jürgen Stein aus Dorheim/Hessen galt als einer der verwegendsten Fahrer seiner Zeit. Hier unterwegs mit seiner 450er Honda mit Benzineinspritzung

Auch auf dem Eis waren Schwenker-Gespanne im Einsatz


Klappstuhl-Gespann

Fritz Horberth mit Klappstuhl-Gespann

 Fritz Horberth

Eine Unterart der Schwenker gespanne war dieses sogenannte “Klappstuhl-Gespann”, welches vom Bremer Fritz Horberth kons- truiert und an den Start gebracht wurde. Das Gespann hatte den Beiwagen an der linken Seite und war mit einem Gelenk versehen, welches  ein umlegen des Gespanns in den Kurven ermöglichte.

 Dieses Gespann war nicht mit einem Lenkrad versehen, sondern knickte bei Kurvenfahrt von allein ein. Horberth, der in seiner Karriere   bei 300 Starts nicht weniger als 262 Siege erringen konnte, war der erste Meister der 1964 erstmals ausgetragenen Nord-und Westdeutschen Bahnmeisterschaft. Im Jahre 1965  wurde seine Konstruktion verboten und er mußte auf Rechtsbeiwagen umsteigen, was ihm aber nicht daran hinderte im gleichen Jahr bei der Europameisterschaft in Scheessel zu gewinnen. Kurz darauf wurde Horberth bei einem Rennen angefahren und so schwer verletzt, das er seine Karriere beenden mußte.

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Falls jemand noch mehr Technische Infos zu den hier abgebildeten Schwenker hat, so schicke er mir bitte eine Mail

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